Reklamationen und Lieferhistorie

1. Allgemeines

Im Möbelhandel gibt es ein Synonym für das Wort Qualität: Die Reklamationsquote. Ein Mehr oder Weniger an Reklamationen steht für mehr oder weniger Qualität in der Abwicklung eine Kundenauftrages vom Verkauf bis hin zur Auslieferung.

Wie immer ist der Umgang mit Qualität ein komplexes Thema. Neben den Gründen für Reklamationen und der häufig diskutierten Schuldfrage bedarf erst einmal einer grundlegenden Konvention, wie man diese sog. Reklamationsquoten überhaupt berechnet.

2. Lieferhistorie

Die Lieferhistorie ist u.U. ein entscheidender Faktor in der Analyse der Lieferleistungen in der Logistik. Unter Auftrag → Auslieferung gibt es im oberen Drittel der Vorselektion ein entsprechendes Markierfeld. Wird diese Markierung gesetzt, dann wird jede ausgelieferte Position dem LKW bzw. den Mitarbeitern zugeordnet, die zuerst beim Kunden vor Ort waren.

Jede Auftragsposition kommt exakt einmal in die Lieferhistorie und zwar genau dann, wenn eine Auftragsposition erstmalig nach der Lieferung abgerechnet wird.

Die Lieferhistorie wird automatisch bei jedem Import aus der Warenwirtschaft fortgeschrieben. In der Lieferhistorie wird stets die Erstanlieferung beim Kunden dokumentiert. Reklamationen in Folge der Erstanlieferung werden nicht in die Lieferhistorie übertragen.

Damit kann die Lieferhistorie für die Analyse von Reklamationen sehr hilfreich sein, denn sie zeigt, welches Liefer-Team bei der Erstanlieferung der Kommission beim Kunden im Einsatz war.

Die Möglichkeiten der eingesetzten Warenwirtschaften spielen in diesem Zusammenhang natürlich ebenfalls eine Rolle.

Neben der Zuordnung von Auftragspositionen anhand der Lieferhistorie kann man darüber hinaus über die sog. Bezugsposition das Team der ersten Anlieferung ermitteln. Bezugspositionen werden in den verschiedenen Warenwirtschaften bei der Reklamations-Erfassung verwendet. Dabei wird festgehalten, zu welcher Auftragsposition die gerade erfasste Reklamation gehört, sprich auf welche „normale“ Position „bezieht“ sich die Reklamation.

3. Einstellungen

Leider muss man im weiteren Fortgang der Reklamationsanalyse unterscheiden, ob das eingesetzte ERP-System mit oder ohne Bezugspositionen bei der Reklamationserfassung arbeitet. Die Einstellungen werden in der oben abgebildeten Vorselektion und nach dem Klick auf das Zahnrad-Symbol definiert.

3.1. Reklamationsabfrage mit Bezugspositionen

In Warenwirtschaften mit expliziten Bezugspositionen – wie z.B. MHS – muss man die Lieferhistorie nicht aktivieren. Da sich Reklamationsquoten sinnvoll nur auf Basis ganzer Kaufverträge berechnen lassen, empfehlen wir darüber hinaus die Einstellung „Reklamationsquoten berechnen mit Kaufverträgen“.

Ist der Reklamationsbezug bekannt, empfehlen wir folgende Einstellungen:

3.2. Reklamationsabfrage ohne Bezugspositionen

Kennt das ERP-System bei der Reklamationserfassung keine Bezugsposition, oder wird in den Datenexport für MaxPro diese Bezugsposition leider nicht mit übertragen, dann sollte man in jedem Fall die Lieferhistorie aktivieren. Dazu kommt noch als ergänzende Einstellung, auf welche Weise Reklamationen einem LKW bzw. einem Liefer-Team zugeordnet werden soll.

An dieser Stelle muss unterschieden werden, welche Warenwirtschaft im Einsatz ist.

a) Die Warenwirtschaft erzeugt für Reklamationen separate Auftragspositionen.

Gültig für die CBL Warenwirtschaft, für MOEVE-Smart und für den WinMax.

b) Die Warenwirtschaft erzeugt für Reklamationen KEINE separaten Auftragspositionen.

Gültig für SHD-Ecoro, MOEVE-Enterprise und den Möbelpiloten.

Im Fall a) wird durch die Einstellung „Reklamationen automatisch dem LKW der Erstlieferung zuordnen“ auch die Reklamation sozusagen an den vermeintlichen Verursacher verschoben.

Der Fall b) „Reklamationen automatisch dem LKW der ersten KV-Position zuordnen“ greift nur dann, wenn weder aufgrund der Lieferhistorie, noch aufgrund der Bezugsposition eine Reklamation verschoben werden kann. Nun würde jede Reklamation eines Kaufvertrages einfach dem Logistik-Team zugeordnet werden, welches die Position 1 der Kommission ausgeliefert hat. Das kann natürlich auch mal falsch sein, deshalb sollte man diese Einstellung wirklich nur dann wählen, wenn es in der Warenwirtschaft keine Bezugspositionen gibt.

Man kann auch beide Einstellungen setzen, um sozusagen auf Nummer Sicher zu gehen. Der ManageMax arbeitet dann beide Einstellungen nach einer festen Priorität ab. Die erste Einstellung „Reklamationen automatisch dem LKW der Erstlieferung zuordnen“ hat dabei auch die erste Priorität. Wenn auf diesem Wege nichts gefunden wird, dann schaut das Programm einfach in der Position 1 nach.

Mit den oben beschriebenen Einstellungen verändern sich natürlich die Reklamationsquoten von LKWs und Monteuren. Im Auftrag sieht man lediglich das Logistik-Team, das die Reklamation erledigt hat, jedoch wird diese Reklamation dem Logistik-Team der Erstlieferung zugerechnet.

4. Ein Beispiel

Die gesamte Problematik kann man am besten anhand eines Beispiels erklären. Worum geht es eigentlich? Es geht primär darum, zu ermitteln, welcher LKW bzw. welche Monteure zuerst beim Kunden waren! Und warum ist das so wichtig? Nun, weil mit Abstand die meisten Reklamationen nach der Erstlieferung gemeldet werden. Jede weitere Kundendienstfahrt ist mehrheitlich eine Folge dieser Erstreklamation. Das mag sicher nicht immer der Fall sein, aber um ein vergleichbares, gerechtes und reproduzierbares Regelwerk für die Berechnung von Reklamationsquoten aufzustellen, sollte man sich genau auf diese zwei Komponenten beziehen.

Genau hier kommt nun das eigentliche Problem auf. Wenn ein Auftrag reklamiert wurde, dann muss ja irgendwann einmal ein Team zur Reparatur zum Kunden vor Ort. Dieses Team wird vom Disponenten zur Reklamationserledigung eingeteilt und genau dieser Vorgang ist der Ursprung aller Probleme. Denn nun werden die LKW-Nummer und die Monteur-Nummern des zur Erledigung eingeteilten Teams in die Auftragsposition eingetragen und damit werden die Nummern der Erstanlieferer überschrieben.

Man stelle sich vor, es gäbe im Unternehmen ein Team, das ausschließlich alle Reklamationen erledigt. In dieser Logistik hätte dieses Team ALLE Reklamationen und ALLE anderen Teams hätten eine Reklamationsquote von 0. Also muss man dafür sorgen, dass die Reklamationen wenn irgendwie möglich wieder auf die Erstanlieferer zurückgebucht werden. Genau dafür gibt es die oben beschriebenen Einstellungen.

4.1. Auswahl MIT Lieferhistorie und OHNE Erstlieferung

Das Beispielteam hat 18 Kommissionen ausgeliefert und nach dem Erfassungsdatum und ohne Abfrage der Erstanlieferung wurden davon 5 Kommissionen reklamiert. Die Reklamationsabfrage wird mit der Lieferhistorie aber ohne die Einstellung „Reklamationen automatisch dem LKW der Erstlieferung zuordnen“ durchgeführt.

Der unten abgebildete Reklaspiegel mit Positionen zeigt 6 Reklamationen von 5 Aufträgen.

Betrachtet man den Auftrag 536268, dann stellt man in der nächsten Abbildung fest, dass diese Kommission ursprünglich vom Team 409 ausgeliefert wurde.

Aber: Am 16. Juli wurde die Reklamations-Position 502 erfasst – deshalb steht die Rekla im Monat Juli auf der Liste – und für das Beispielteam 350 am 2. September zur Erledigung eingeteilt:

4.2. Auswahl MIT Lieferhistorie und MIT Erstlieferung

Eine Analyse der Auslieferung mit Abfrage der Lieferhistorie und mit der Einstellung „Reklamationen automatisch dem LKW der Erstlieferung zuordnen“ müsste die oben aufgeführte Reklamation - KV 536268, Position 502 - von der Tour 350 wegnehmen und der Tour 409 anlasten.

Das gleiche LKW-Team hat mit diesen beiden Einstellungen im gleichen Zeitraum nunmehr eine Reklamation weniger zu verantworten, nämlich 5 Positionen aus 5 Kaufverträgen. Offensichtlich wurde der reklamierte Kaufvertrag 536268 wie erwartet entfernt.

Diese Erwartung wird durch einen Blick auf den folgenden Reklaspiegel bestätigt:

Der folgende Reklaspiegel mit Positionen zeigt mit diesen Einstellungen 5 Reklamationen von 5 Aufträgen:

Im Vergleich zum Beispiel unter Punkt 4.1. sind hier andere Kaufverträge aufgelistet. Was ist passiert? Durch die Auswahl „Reklamationen automatisch dem LKW der Erstlieferung zuordnen“ wurde unser Beispiel-LKW von einigen Reklamationen entlastet – wie z.B. KV 536268 – und dafür aber aus dem gleichen Grund mit anderen Reklamationen belastet – wie z.B. KV 556827.

managemax/auftrag/lieferhistorie.txt · Zuletzt geändert: 06.04.2021 15:26 von bzweifel · 1231 Zugriffe bisher